



Es ist Samstag, sieben Uhr abends und wir sitzen zusammen im Minibus nach Wiamoase. Vier Stunden haben wir schon hinter uns, doch es fehlen noch mindestens drei weitere. Mittlerweile ist es dunkel geworden und von Strassenbeleuchtung sieht man weit und breit nichts. Apropos Strasse, wer schlafen möchte muss ein guter Tiefschläfer sein, da wir hier wegen den Löchern auf der Fahrbahn regelrecht durchgeschüttelt werden. Trotzdem sind wir sehr dankbar für unser Transportmittel. Der Van ist bequem, unser Fahrer (er heisst Samuel wie viele Männer hier) kennt sich gut aus und wir haben eine gut funktionierende Klimaanlage (wofür wir speziell dankbar sind).
In Ghana angekommen sind wir vorgestern Abend. Wir wurden reichlich empfangen und fühlten uns seit der ersten Sekunde sehr willkommen. Wir wurden von allen Seiten umarmt und von überall wurde uns “You’re welcome!” zugerufen. Es herrschte grosse Freude von beiden Seiten, speziell die Begrüssung mit Andrea war sehr emotionell. Wir wurden von einer Gruppe Helfer aus der Heilsarmee vom Flughafen abgeholt und als wir nach “e bitzli stopfe” unsere 24 Koffer in die Autos gekriegt hatten, wurden wir auch schon zum Headquarter der Heilsarmee gefahren.
Als wir ankamen wurden wir direkt in den Esssaal geführt, wo für uns schon ein reichliches Nachtessen bereit war. Poulet und Pommes Frites mit grünem Salat. Wir haben uns direkt darauf gestürzt. Erst im Nachhinein kam uns in den Sinn, dass wir vielleicht etwas vorsichtig mit dem Salat umgehen sollten, da dieser mit “normalem” Wasser gewaschen wird. Bis jetzt geht es uns aber allen noch gut, also Entwarnung für den Moment. Nach dem Essen war es Zeit um zu schlafen.
Unsere Unterkunft für die letzten zwei Nächte war im Hostel der Heilsarmee im Headquarter. Trotz ein paar gewöhnungsbedürftigen Unterschieden wie kaltes Duschwasser oder surrenden Ventilatoren an der Decke, waren wir im Grossen und Ganzen positiv überrascht.
Am Freitag waren kleinere Ausflüge in die Stadt Accra geplant. Wir sahen unter Anderem einen riesigen Markt (4 km2 gross) und so voll mit Menschen, dass die Durchfahrt relativ schwer war. Das kommt daher, dass Ghana und somit speziell die Hauptstadt Accra, eine Handelsmetropole für grosse Teile Westafrikas ist.
Am Abend und auch am Samstagmorgen waren wir zu der Beerdigung des Musikchefs der Territorialband eingeladen. Die Beerdigung fing um acht Uhr Abends an und dauerte offiziell die ganze Nacht bis am nächsten Tag am Nachmittag. Traditionellerweise gibt es drei verschiedene “Gottesdienste/Abdankungen” verteilt auf die Nacht und den darauffolgenden Tag. Wir durften jedoch die Nacht im Hostel verbringen. Im Mittelpunkt der Zeremonie stand jedoch zu jeder Zeit Gott, und somit gab es neben emotionalen, auch sehr fröhliche Momente, in denen getanzt und somit Gott die Ehre erwiesen wurde. Ausserdem durften wir eine kleine musikalische Darbietung zum Gottesdienst beitragen – für welchen wir am Abend zuvor um 23:30 Uhr noch spontan eine Probe einfügten. Wie Benni am nächsten morgen berichtete, legte Roland im Halbschlaf noch eine Trockenübung ein, in dem er im Stil eines guten Luftgitarristen die heiklen Passagen nochmals durchging. Mittlerweile ist es fast neun Uhr und wir nähern uns unserem Ziel Wiamoase.
Ich wünsche allen eine gute Nacht und bis bald.
Karina Stucki






Ghana Mailblog Nr. 3
28 jul. a las 15:14
Liebe Freunde,
gerade sind wir von der Beerdigung zurück. Was für ein Erlebnis! Ich bin dankbar, dass wir als Gäste dabei sein konnten.
Beerdigungen in Ghana unterscheiden sich ganz grundsätzlich von jenen, die wir gewohnt sind. Zunächst: Emmanuel ist schon vor zweieinhalb Monaten gestorben, in der Folge musste die Zuständigkeiten geklärt und – in seinem Fall noch entscheidender, weil seine Kinder in England, Dänemark und den USA leben – die Familie zusammengetrommelt werden.
“Trommeln" passt übrigens ganz gut, da Emmanuel nicht nur Terretorial Band Master der Heilsarmee war, sondern auch der Neffe eines Stammeskönigs. Es war also eine bunte Truppe, die da gestern und heute zusammenkam: Stammesanhänger, Heilsarmee-Soldaten und mittendrin wir. Insgesamt waren es heute grob geschätzt 700 Personen.
Wir wurden sehr herzlich empfangen und wiederholt vor der Versammlung als Gäste erwähnt. Bei allem empfinde ich die Ghanaer aber als angenehm rücksichtsvoll. Wir werden nicht am laufenden Band angesprochen, nur weil wir die einzigen Weißen sind. Auch Emmanuel Hackman stand nicht im Mittelpunkt der Zeremonie, sondern Gott. Wiederholt gab es Ansprachen und Predigten, in denen immer wieder zur Bekehrung aufgerufen wurde. Dabei habe ich mich gefragt: Wie geht es wohl jemandem aus Ghana, der regelmässig solche Beerdigungen (und vielleicht trifft ähnliches auch für Hochzeiten und andere Veranstaltungen zu?) besucht und zur Umkehr aufgerufen wird? Stärkt es seinen Glauben? Oder ist es für die meisten kalter Kaffee? Ich werde es besonders in den Gesprächen mit den Kindern die nächste Woche versuchen herauszufinden.
Achja, jetzt aber noch zum Ablauf der Beerdigung: Der Verstrobene lag im Sarg aufgebart vorne. Um ihn herum spielten immer wieder Brassbands, sangen Chöre und es gab Ansprachen. Gestern Abend und heute Vormittag liefen alle Besuche um den offenen Sarg. Dabei wurde viel geweint und geschluchzt. Das beschreibt aber nicht durchweg die Stimmung; es gab immer auch fröhliche Momente, etwa, als die Kollekte eingesammelt wurde: Da kamen alle bei fröhlicher Marschmusik tanzend nach vorne und legten Geld in einen Kasten. Das wäre mal eine Art, bei uns die Kollekte zu “feiern".
Es gäbe noch so viel zu berichten – auch die Entdeckungstour durch Accra gestern – aber wir müssen weiter nach Wiamoase. Fünf bis sechs Stunden Fahrt über holprige Pisten und im engen Bus stehen an. Mal sehen, ob das Internet auch dort bereits Fuß fassen konnte, falls ja, melde ich mich morgen wieder.
Seid alle lieb gegrüßt!
Benni